27.09.2012

HypoVereinsbank und Atomenergie
Profit wichtiger als Versprechen von 2011

Hypovereinsbank ohne grüne Tarnung
Nach dem Super-GAU von Fukushima am 11. März 2011 hatte die HypoVereinsbank öffentlich verkündet, keine Atomkraftwerke mehr zu finanzieren. Doch still und heimlich stieg die Bank wieder ins Atom-Geschäft ein.

Lutz Diederichs, Vorstand der HypoVereinsbank für Corporate & Investment Banking hatte vor einem Jahr sogar versprochen, seine Bank werde "keine Kredite mehr an Unternehmen, die sich dem Umweltthema nicht stellen" vergeben. Der Mutter-Konzern der HypoVereinsbank, die Mailänder Unicredit, hatte schon 2007 öffentlich verkündet, sich an strikte Richtlinien beim Atom-Geschäft zu halten, nachdem er wegen der zeitweise geplanten Finanzierung des bulgarischen Atomkraftwerks Belene in die Kritik geraten war. Sogar der deutsche Strom-Konzern RWE mußte die geplanten Investitionen in das AKW, das mitten in ein Erdbebengebiet gebaut werden sollte, nach jahrelanger Öffentlichkeitsarbeit der Anti-Atom-Bewegung streichen. Ende 2011 erlangte die HypoVereinsbank beim Öko-Ranking internationaler Geschäftsbanken von Oekom Research unter 73 Instituten den ersten Platz.

Doch offenbar hofft die Führungsriege der HypoVereinsbank darauf, daß nach der nun bereits mehr als neun Monate währenden Medien-Kampagne gegen die erneuerbaren Energien, bald auch der Widerstand gegen die Atomenergie bei weiten Teilen der Bevölkerung erneut einschläft - wie nach der Katastrophe von Harrisburg (1979) und nach dem Super-GAU von Tschernobyl (1986). Nun wurde publik, daß die HypoVereinsbank still und heimlich bereits mehrere Beteiligungen an neuen Atom-Projekten plant. Dabei geht es um Garantien und Kredite im Volumen von mehreren hundert Millionen Euro.

So soll das besonders in Österreich gefürchtete tschechische AKW Temelin, das vermutlich schon mehrere Male nur knapp einer atomaren Katastrophe entging, um zwei Reaktoren erweitert werden. Sogar die bayerische Landesregierung meldete Bedenken an. Doch die HypoVereinsbank will sich mit bis zu 500 Millionen Euro engagieren. Aus internen Unterlagen geht hervor, daß sie dem französischen Atom-Konzern Areva, der wegen der desaströsen AKW-Projekte in Flamanville und im finnischen Olkiluoto offenbar in finanziellen Schwierigkeiten steckt, mit Garantien in dieser Größenordnung unter die Arme greifen will.

Auch in ein russisches Atom-Projekt will die HypoVereinsbank offenbar einsteigen. Hierbei geht es um einen Export-Kredit für den seit 2008 geplanten Bau eines AKW in der russischen Ostsee-Enklave Kaliningrad. Aus internen Unterlagen geht hervor, daß die HypoVereinsbank die Lieferung von Turbinen des Herstellers Alstom per Kredit absichern will. Weiter plant die HypoVereinsbank eine Kreditvergabe für den Ausbau der französischen Urananreicherungsanlage Georges Besse II. Dieser Kredit würde ebenfalls dem französischen Atom-Konzern Areva zugute kommen. Und auch für eine Kooperation zwischen Areva und dem russischen Atom-Konzern Rosatom will die HypoVereinsbank Gelder locker machen.

Der Wiedereinstieg ins Atom-Geschäft wurde zwar im Management der HypoVereinsbank kontrovers diskutiert, doch wichtig war wohl ausschließlich die Frage, ob die Geschäfte geheim gehalten werden könnten. Ausschlaggebend war laut internen Dokumenten offenbar die Zustimmung von Lutz Diederichs, der nach außen hin vor über einem Jahr das Öko-Image der Bank vertreten hatte. In einem eMail vom März 2012 sprach er sich unter der Bedingung, daß die Sache nicht publik würde, für das Geschäft aus. Wenige Tage darauf stimmte dann auch der Vorstand für Risikoanalyse (Chief Risk Officer) Andrea Umberto Varese unter Berufung auf diese Bedingung zu.

Bei ihrem Atom-Kurs muß sich die HypoVereinsbank auf heftigen Gegenwind gefaßt machen. Die Anti-Atom-Bewegung hat in den vergangenen zehn Jahren reichlich Erfahrung mit Kampagnen gegen Atom-Geschäfte gesammelt. Heffa Schücking, Geschäftsführerin der Umweltorganisation 'Urgewald', erklärt: "Es wird die HypoVereinsbank teuer zu stehen kommen, wenn sie an ihrem neuen Atomkurs festhält. Die Zeiten, in der sich die HVB rühmen konnte, Nachhaltigkeitsführerin ihrer Branche zu sein, sind endgültig vorbei." Erneut gelte offenbar die Devise: Profit um jeden Preis - und sei dies der nächste Super-GAU.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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