11.03.2009

Bahn-Datenaffäre:
"Brandbeschleuniger"

Mehdorn sorgt mit Briefwechsel für Eskalation

Laut heute in der 'Frankfurter Allgemeinen' (FAZ) veröffentlichten Interna, führte ein "reger Briefwechsel" zwischen Bahnchef Hartmut Mehdorn, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Müller, den Sonderermittlern Herta Däubler-Gmelin und Gerhart Baum sowie dem Bundestags-Verkehrsausschuß zu einer Eskalation gegenseitiger Vorwürfe.

In der Bahn-Datenaffäre geht es um die massenhafte Bespitzelung von 173.000 Beschäftigten und 80.000 Lieferanten unter dem Vorwand, Schwarzgeschäfte zu Ungunsten der Bahn aufdecken zu wollen. Die Mitglieder des Bundestags-Verkehrsausschusses zeigten sich verärgert über eine Weigerung Müllers, sich am kommenden Mittwoch einer Befragung zu stellen. Laut FAZ wird die Rolle Müllers als "immer dubioser" bezeichnet. Müller kenne die Anschuldigungen seit längerem und habe nichts unternommen. Offenbar sei dem Aufsichtsratsvorsitzenden nicht klar, daß es sich bei der Bahn nach wie vor um ein hundertprozentiges Bundesunternehmen handele.

Müller hatte die Vorladung mit der Begründung abgesagt, eine Teilnahme erscheine ihm "nicht sinnvoll". Mehdorn habe die Fragen der Abgeordneten bereits ausführlich beantwortet. Die mit der Untersuchung betraute Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG werde dem Aufsichtsrat voraussichtlich am 27. März erste Ermittlungs-Ergebnisse vorlegen. Vorher könne er dem Bundestags-Verkehrsausschuß nichts Neues mitteilen. Zudem unterliege er als Aufsichtsratschef einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht. In einem Interview legte Müller nach und bezeichnete die Befragung Mehdorns als "Inszenierung".

Unmittelbar vor der Sitzung, zu der Müller vorgeladen war, hatten laut FAZ Däubler-Gmelin und Baum ein Schreiben an Müller gerichtet, in dem sie eine fehlende Kooperationsbereitschaft des Bahnvorstands beklagen. Diese zeige sich etwa in Behinderungen des Zugangs zu Akten und Personen. Mehdorn hatte dies empört zurückgewiesen.

In einem Brief an Müller äußerte Mehdorn daraufhin laut FAZ "Zweifel an der Professionalität" der vom Aufsichtsrat eingesetzten Sonderermittler. Ihr Vorgehen werfe die Frage auf, "ob die Voraussetzungen für eine unvoreingenommene und den Grundsätzen der Fairness und Objektivität entsprechenden Untersuchung überhaupt erfüllt sind." Dieser Brief heizte die Stimmung von Abgeordneten, im Verkehrsministerium und in den Bahngewerkschaften weiter an: Durch die Vorwürfe sollten die Anwälte schon vor der Abgabe ihres Berichts diskreditieren werden.

Am Montag hatten Mehdorn, Däubler-Gmelin und Baum sich getroffen und nach Außen hin den Eindruck erweckt, es gebe einen Waffenstillstand. Hinter den Kulissen sollen allerdings laut FAZ die Fetzen geflogen sein. In der Öffentlichkeit sicherte die Bahn den Sonderermittlern hingegen Unterstützung zu. Mehdorn hebt darauf ab, daß die Rechte der Mitarbeiter gewahrt werden müßten. Und Müller hat den mit angeblich starken Aufklärungsbefugnissen versehenen, neuen Compliance-Ausschuß des Aufsichtsrats, den er mit Transnet-Chef Alexander Kirchner leitet, für Samstagmorgen nach Essen einbestellt.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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