6.11.2011

spiegel: Schwarz-Gelb verheimlichte
Kostenberechnung zu Stuttgart 21

historischer Stuttgarter Hauptbahnhof Das Hamburger Magazin 'spiegel' präsentiert bislang unbekannte Dokumente. Daraus geht hervor, daß im Jahr 2009 die "schwarz-gelbe" baden-württembergische Landes- regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger Informationen über die reale Kostenentwicklung von 'Stuttgart 21' unterdrückte.

Drei Wochen vor der für den 27. November angesetzten Volksabstimmung zum Mega-Projekt 'Stuttgart 21' läßt der 'spiegel' eine Bombe platzen. Während es bislang darum ging, daß die Bahn AG die aus dem Ruder laufende Kostenentwicklung bei 'Stuttgart 21' geschönt hatte und dies in breiten Teilen der Öffentlichkeit mit wenig Überraschung aufgenommen wurde, dürfte die aktuelle Enthüllung zumindest für konservative WählerInnen in Baden-Württemberg peinlich sein. Die dem 'spiegel' vorliegenden Dokumente zeigen, daß die damalige Landesregierung im Jahr 2009 mit höheren Kosten rechnete und dies dem Parlament und der Öffentlichkeit verheimlichte.

Aus den Dokumenten geht laut 'spiegel' hervor, daß baden-württembergische Landesbeamte bereits vor zwei Jahren auf der Grundlage von Bahn-Unterlagen die Kosten von 'Stuttgart 21' auf mindestens 4,9 Milliarden Euro kalkulierten und sogar einen Endbetrag von 6,5 Milliarden Euro für wahrscheinlicher erachteten. Dies belege eine interne Kostenrechnung und ein ausführlichen Vermerk aus dem Hause des damals zuständigen Innenministeriums. Unabhängige ExpertInnen haben vor drei Jahren berechnet, daß die Gesamtkosten die 10-Milliarden-Marke überschreiten werden. Zur Zeit wird offiziell - auch von der gegenwärtigen "grün-roten" Landesregierung von einem einzuhaltenden Kostenlimit von 4,5 Milliarden Euro gesprochen. Würde sich "Grün-Rot" auf die Zahlen der Vorgängerregierung stützen, hätte die Landesregierung bereits jetzt eine handhabe, die Verträge zu kündigen.

Laut spiegel'-Informationen untersagte der damalige Ministerpräsident und heutige EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) nach Vorlage der internen Zahlen weitere Berechnungen. Der 'spiegel' zitiert aus dem Behörden-Vermerk, auf Wunsch des Ministerpräsidenten solle von einer "neuen Kostenberechnung abgesehen werden." Entsprechende Zahlen seien "in der Öffentlichkeit schwer kommunizierbar," zitiert der 'spiegel' aus den Dokumenten. In dem Vermerk werde auch auf die Gefahr hingewiesen, daß Projektbefürworter vom Projekt abrückten, sollten sie von den Zahlen erfahren. Es sei damit zu rechnen, "daß die SPD bei Bekanntwerden der Kostenentwicklung von dem Projekt abrücken wird."

Am 27. November soll in Baden-Württemberg indirekt über 'Stuttgart 21' abgestimmt werden. Auf Grund juristischer Finessen steht eine Entscheidung über ein "Ausstiegs-Gesetz" an. So muß mit "Ja" abstimmen, wer gegen 'Stuttgart 21' ist und umgekehrt. Die wenig sinnige Frage, die den baden-württembergischen Wahlberechtigten vorgelegt werden soll, lautet: "Stimmen Sie der Gesetzesvorlage – Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21– zu?"

Entscheidend wird aber vermutlich sein, daß das undemokratische Quorum nicht erreicht werden kann. Laut baden-württembergischer Verfassung müßte mindestens ein Drittel der Wahlberechtigten - rund 2,5 Millionen Menschen - gegen das Projekt stimmen, um es zum Scheitern zu bringen. Dies würde eine hohe Wahlbeteiligung bei der Volksabstimmung voraussetzen. Als der pseudo-grüne derzeitige Ministerpräsident Winfried Kretschmann darauf angesprochen wurde, daß die Chancen für die Projekt-Gegnerinnen angesichts des 33-Prozent-Quorums verschwindend gering seien, antwortete Kretschmann süffisant, er hoffe eben auf ein Wunder.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      Stuttgart 21:
      Verwaltungsgerichtshof verhängt Teil-Baustop (7.10.11)

      Stuttgart 21:
      Volksentscheid mit Fußangeln (29.09.11)

      Stuttgart 21:
      JuristInnenvereinigung stellt Strafanzeige (22.09.11)

      Stuttgart 21:
      "Stress-Test" bestanden (21.07.11)

      Spiegel über interne Bahn-Unterlagen:
      Kosten von Stuttgart 21 geschönt (3.07.11)

      "Volksversammlung" zu Stuttgart 21
      auf dem Markplatz
      Minister Hermann ausgepfiffen (23.06.11)

      Stuttgart 21
      BUND stellt Eilantrag auf Bau-Stop (18.06.11)

      IngenieurInnen: Weiterbau an Stuttgart 21
      ist rechtswidrig (9.06.11)

      "Stuttgart 21": Die Show
      des neuen Verkehrsministers Winfried Hermann (12.05.11)

      Bau-Stop selber machen
      Aktions-Camp gegen "Stuttgart 21" (17.04.11)

      Landtagswahl
      Recycling in Baden-Württemberg (27.03.11)

      Stuttgart 21
      "Schlichterspruch" ad absurdum geführt
      Stresstest einseitig aufgekündigt (8.02.11)

      Stuttgart 21 - Schlichtung
      oder schlicht Volksverdummung? (1.12.10)

      Stuttgart 21 - MONITOR bestätigt Verdacht gegen Mappus
      Direktive kam von oben (22.11.10)

      stern: Erneut Millionenschwindel bei Stuttgart 21
      "Schlichtung ist Verdummung" (17.11.10)

      Stuttgart 21: Lug und Trug
      Landesbeteiligung verfassungswidrig
      "Käfer und Kammmolche" (16.11.10)

      Stuttgart 21 - Neue Bäume
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      Stuttgart 21
      Stern enthüllt Chaos-Planung (29.09.10)

      Weiter Zehntausende gegen Stuttgart 21
      30 Festnahmen nach Demo (25.09.10)

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      Bahn-Chef Grube schließt höhere Kosten
      für das Mega-Projekt nicht mehr aus (11.09.10)

      Stuttgart 21: Polizei beendet Baumbesetzung
      "S"PD plötzlich für Volksentscheid (7.09.10)

      Stuttgart 21
      Spaltungsversuch der Pseudo-Grünen gescheitert (6.09.10)

      60.000 demonstrieren gegen Stuttgart 21
      Baumbesetzung im Schloßgarten (3.09.10)

      Forsa-Umfrage: Absolute Mehrheit gegen Stuttgart 21
      Pseudo-Grüne versuchen Widerstand zu spalten
      865 Millionen Euro neue Kosten für Ba-Wü (2.09.10)

      Stuttgart 21 - 40.000 protestieren
      Erster Durchbruch am Bauzaun gescheitert (27.08.10)

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