23.08.2007

Fed pumpt weitere
17 Milliarden US-Dollar

Bank of America investiert 2 Milliarden US-Dollar in Countrywide Financial

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) pumpte heute (Donnerstag) weitere 17 Milliarden US-Dollar in den Geldmarkt. An der Wall Street ist dennoch keine Dämpfung der Nervosität und der Volatilität (starkes Auf und Ab) der Kurse zu bemerken. Der DAX schloß nach heftigen Abwärtsbewegungen knapp im Plus. Ebenso wenig konnte der Dow Jones an die noch vor dem 27. Juli gewohnten Zuwächse anschließen: 17.45 Uhr MEZ lag er 0,3 Prozent im Minus.

Erst gestern hatte die Europäische Zentralbank (EZB) dem Euro-Geldmarkt 40 Milliarden Euro mit einer Laufzeit von 91 Tagen zur Verfügung gestellt.

Der Aktienkurs der Deutschen Bank geriet weiter unter Druck, nachdem bekannt geworden war, daß sich das Institut bei der Fed mit Liquidität versorgt hatte. Die Aktie verlor 2 Prozent und steht nun bei 91,20 Euro. Seit ihrem im Mai erreichten Hoch von 118,50 Euro hat sie mehr als 20 Prozent an Wert verloren.

Eine weitere deutsche Bank scheint unter Druck zu geraten. Ebenfalls heute wurde bekannt, daß die HSH Nordbank über die Gesellschaften "Poseidon" und "Carrera" mit Investitionen über 1,8 Milliarden Euro im US-Subprime-Markt hängt. Dennoch sieht Vorstandschef Hans Berger die Landesbank nicht von der US-Hypothekenkrise betroffen. 300 Millionen Euro der Gesamtsumme würden von Dritten verwaltet; für 1,5 Milliarden habe die Bank das Portfolio selbst zusammengestellt. Bei der Auswahl dieser Anlagen habe die fünftgrößte deutsche Landesbank strenge, eigene Kriterien angelegt, beschwichtigte Berger.

Nachdem bekannt wurde, daß für die in Schieflage geratene SachsenLB auch der Deutsche Sparkassen- und Giroverband gezwungen war, zusammen mit anderen Landesbanken und der Deka Bank einen Kreditrahmen von über 17 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen, wobei es um Geschäfte außerhalb der Bilanzen in der Größenordung von 50 Milliarden Euro geht, ist nun auch die Sicherheit des Sparkassen-Pools in die Diskussion geraten. Der Ende 2003 erneuerte Haftungsverband der Sparkassen und Landesbanken war Anfang 2006 in Kraft getreten und um 50 Prozent auf 4,2 Milliarden Euro erhöht worden.

Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß die Gewährträgerhaftung aus staatlichen Mitteln für die Sparkassen im Sommer 2005 weggefallen ist. Die - in früheren Zeiten gerne als "unbegrenzt" dargestellte - Haftung der öffentlichen Hand kann allenfalls noch für eine Übergangszeit für Alt-Geschäfte in Anspruch genommen werden. Der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV), Heinrich Haasis, wußte zur Beruhigung der Sparkassen-KundInnen in einem aktuellen Interview nicht mehr zu sagen als daß die Sparkassen der "eigentliche Hort der Stabilität in Deutschland" seien. Die Sparkassen hätten insgesamt 30 Milliarden mehr an Einlagen als sie auf der anderen Seite ausgegeben haben.

Aufsehenerregend ist eine neuerliche Stützungsaktion in den USA: Die Bank of America investierte 2 Milliarden US-Dollar in die vor der Pleite stehende US-Hypothekenbank Countrywide Financial, den größten US-Anbieter von Baufinanzierungen. "Wir hoffen, daß dieses Investment zu einer Rückkehr zu normaleren Liquiditätsbedingungen auf den Hypothekenmärkten führt", sagte Vorstandschef Angelo Mozilo heute in einer öffentlichen Stellungnahme. Die Bank of America ist selbst einer der größten Hypothekengeber in den USA.

Wegen der steigenden Zinsen bei gleichzeitig fallenden Häuserpreisen können seit einiger Zeit viele US-Immobilienbesitzer ihre Hypotheken nicht mehr bedienen. Dutzende Anbieter von Baufinanzierungen mußten sich daher bereits aus dem Markt verabschieden oder gingen pleite. Die US-Investmentbank Lehman kündigte an, ihr Subprime-Hypothekengeschäft zu schließen. Wie die Bank mitteilte, werden 1.200 Stellen wegfallen. Die Schließung der Sparte 'BNC Mortgage' sei wegen der Bedingungen am Kreditmarkt unabdingbar.

Bereits wenige Stunden vor der Mitteilung über den Stellenabbau bei Lehman Brothers hatte es eine weitere Hiobsbotschaft aus der US-Banken-Branche gegeben: Der angeschlagene Hypothekenanbieter Accredited Home Lenders plant angesichts der Krise auf dem Immobilienmarkt den Abbau von knapp zwei Dritteln seiner Stellen. Von den derzeit 2.600 Arbeitsplätzen sollen nach der Restrukturierung noch 1.000 übrig bleiben.

Der Kern der sich ausweitenden Kredit-Krise besteht darin, daß die Banken auf mehreren 100 Milliarden Kreditpaketen und Derivaten festsitzen, deren Marktwert niemand kennt und die daher auf absehbare Zeit unverkäuflich sind. Allein das Volumen der verbrieften Subprime-Kredite wird von ExpertInnen auf 50 bis 250 Milliarden US-Dollar geschätzt. Lange Zeit konnten die Banken ihre Kreditrisiken durch Verbriefung und Verkauf an andere Investoren weiterreichen. Dankbare Abnehmer waren insbesondere Investmentbanken, die damit milliardenschwere Kreditpools bildeten, diese in verschiedene Tranchen mit unterschiedlichem Risikograd unterteilten, um sie dann in Form von hypothekenbesicherten Wertpapieren an Investoren wie Banken, Versicherer, Pensionsfonds und Hedge Funds weiter zu verkauften. Viele Investoren mischten diese Wertpapiere zudem mit anderen Kreditformen, die sie zuvor erworben hatten, und bildeten daraus neue Pools, die sie wiederum tranchierten und scheibchenweise als besicherte Schuldverschreibungen, sogenannte Collateralised Debt Obligations (CDO) an neue Investoren rund um den Globus veräußerten. Heute vermögen selbst Marktprofis das fein gewobene, weltumspannende Netz von raffiniert verpackten Schuldverschreibungen nicht mehr zu durchschauen. Nach und nach wird hier oder dort eine weitere Mine hochgehen und Bank um Bank in den Abgrund reißen. Das Pokerspiel der Notenbanken kann hieran nichts ändern, sondern verzögert - und verschlimmert - die Entwicklung nur.

Zu Beginn der US-Hypotheken-Krise hätte noch die Chance bestanden, mit dem Zusammenbruch von zehn oder zwanzig US-Banken das Platzen der Immobilienblase "marktgerecht" zu sanieren. Doch offenbar war die Angst zu groß, daß der Zusammenbruch nicht eingegrenzt werden könnte. All zu viele Banken - weltweit - hängen mit Beträgen drin, die für sie existenzbedrohend sind.

So aber greift die Kredit-Krise nun bereits auf den produktiven Sektor der globalen Ökonomie über. Und ein weiteres Übergreifen wird bereits am Horizont erkennbar: Mit der sogenannten Riester-Rente ist ein wachsender Teil der deutschen Altersversorgung von den Kapitalmärkten abhängig. Damit wurde bislang gar geworben: "Wer in eine Riester-Rente investiert, kann an der Entwicklung der Finanzmärkte auf der ganzen Welt teilhaben." Gemeint waren damit allerdings die Gewinne.

 

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Anmerkungen

Siehe auch unsere Artikel:

      EZB: "Erhöhe um 40"
      Neue Runde im Milliarden-Poker (22.08.07)

      WestLB schlägt Alarm wegen Banken-Krise
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      Die Zinssenkung der Fed ist verpufft (20.08.07)

      Zweite deutsche Bank im Sog der Krise
      Sparkassen hängen mit drin (18.08.07)

      Fed senkt Diskontsatz
      "Abwärtsrisiken fürs Wirtschaftswachstum deutlich erhöht"
      (17.08.07)

      Börsen in Panik
      Wartet der Crash noch bis September? (16.08.07)

      Bankenkrise kappt Konjunktur
      Stimmungsbarometer der Manager verdüstert sich (15.08.07)

      EZB pumpte auch heute Milliarden
      EZB-Chef Trichet: Bankenkrise beendet
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