Schweizer Großbank gerät nochmals tiefer in den Strudel der Banken-Krise
Mit der heute, Montag, veröffentlichten Ankündigung der Schweizer Großbank UBS nach Abschreibungen in Höhe von umgerechnet rund 2,4 Milliarden Euro im dritten Quartal (siehe unsere Artikel vom 30.10 und 1.10.) nunmehr weitere 10 Milliarden US-Dollar (6,8 Milliarden Euro) abschreiben zu müssen, gerät der Finanzplatz Schweiz in eine schwere Vertrauenskrise. Es handelt sich - vorerst - um die größte Abschreibung einer europäischen Bank im Zuge der internationalen Banken-Krise.
In der internationalen Hit-Liste der von der Banken-Krise betroffenen Institute führen bislang die US-amerikanische Citigroup mit 17 Milliarden US-Dollar Abschreibungen vor der britischen Northern Rock mit rund 9 Milliarden US-Dollar und der US-amerikanischen Merrill Lynch mit inzwischen 8,4 Milliarden US-Dollar. Auf dem fünften Rang folgen der UBS die Bank of America mit 3,7 Milliarden, gejagt von der IKB mit 3,4 Milliarden US-Dollar (5 Milliarden Euro), der britischen HSBC mit ebenfalls 3,4 Milliarden US-Dollar, der Deutschen Bank mit 3,1 Milliarden US-Dollar, der Credit Suisse mit 1,9 Milliarden US-Dollar, den US-Banken JP Morgan Chase mit 1,6 Milliarden US-Dollar, Bear Stearns mit 1,5 Milliarden US-Dollar, Wachovia mit 1,3 Milliarden US-Dollar und Morgan Stanley mit rund einer Milliarde US-Dollar. Die japanische Großbank Mitsubishi UFJ ist ebenfalls mit einem bislang unbekannten Milliardenbetrag im Rennen.
Die vor der Credit Suisse größte Schweizer Bank wird in diesem Jahr zum ersten Mal seit ihrem Hervorgehen aus der Fusion der Schweizer Finanz-Konzerne Bankgesellschaft und Bankverein vor 10 Jahren einen Jahresverlust ausweisen müssen. Durch die bislang vorgenommenen Wertberichtigungen und andere Maßnahmen vermindern sich nunmehr bei der UBS zumindest die besonders gefährdeten Positionen in der Bank-Bilanz von rund 40 Milliarden auf unter 29 Milliarden US-Dollar. Dabei handelt es sich allerdings um kreditbesicherte Papiere, die seit vier Monaten unverkäuflich sind und die möglicherweise am Ende auf Null wertberichtigt werden müssen.
So mußte auch UBS-Konzernchef Marcel Rohner auf Nachfragen einräumen, daß sich der effektive Wert der Investments in zweitklassige US-Kredite immer noch nicht genau beziffern lasse. Und Verwaltungsratspräsident Marcel Ospel meinte sibyllinisch, ein weiterer Verlust sei für ihn sehr schwer vorstellbar. Mittlerweile rechnet selbst eine Mehrheit der neoliberal orientieten europäischen ÖkonomInnen mit weiteren Problemen europäischer Banken.
Am Beispiel der UBS zeigt sich, daß die in den Sog der Banken-Krise geratenen europäischen Finanzinstitute zu wahren Leckerbissen für Staatsfonds aus Asien und Investoren aus dem arabischen Raum werden. Doch ob diese Engagements das Überleben der immer tiefer in die roten Zahlen sinkenden Banken langfristig gewährleisten können, ist mehr als fraglich. Nachdem kürzlich die Abu Dhabi Investment Authority mit 7,5 Milliarden US-Dollar bei der in Schieflage geratenen US-Großbank Citigroup eingestiegen ist und bei Bear Stearns die chinesische Citic einstieg, kommen der UBS nun die staatliche Government of Singapore Investment Corp (GIC) und ein ungenannter Geldgeber aus dem Nahen Osten mit zusammen rund 19,4 Milliarden Franken zu Hilfe. Informationen deuten auf einen Investor aus dem Emirat Oman.
Beide "Helfer" beteiligen sich zunächst mit einer sogenannten Zwangswandelanleihen an der UBS. Diese Anleihe werden mit satten neun Prozent verzinst und nach etwa zwei Jahren in Aktien umgewandelt. Dann werden die GIC und der ungenannte Anleger je nach Aktienkurs zwischen 177 Millionen und 252 Millionen neu geschaffene UBS-Aktien beziehen können und damit zwischen neun und zwölf Prozent an der Schweizer Bank besitzen.
Die UBS galt bislang mit dem nach eigenen Angaben weltweit größten Volumen über 3.500 Milliarden Franken an Vermögensverwaltungen - noch vor Citigroup und Allianz - als Hort der Stabilität. Da wird es mit Befremden registriert, daß die Schweizer Bank in der Krise auf Hilfe aus Singapur und dem Nahen Osten in der vergleichsweise lächerlichen Größenordnung eines zweistelligen Milliardenbetrags angewiesen ist. Dies hat nichts anderes zu bedeuten, als daß die UBS ohne diese Verbreiterung der Eigenkapitalausstattung fürchten mußte, daß KundInnen ihr die Vermögensverwaltung entziehen könnten.
Internationale AnalystInnen fürchten um die Integrität des Finanzplatzes Schweiz und ExpertInnen der Unternehmensberatung McKinsey halten die Banken-Krise noch keineswegs für ausgestanden. Das wahre Ausmaß werde sich - zumindest vorläufig - mit Vorlage der Bilanzen für 2007 offenbaren, meinte McKinsey-Deutschlandchef Frank Mattern gegenüber dem 'Handelsblatt'.
Das Ausmaß, das die Banken-Krise inzwischen angenommen hat, zeigt sich auch daran, daß US-Präsident George W. Bush diese mittlerweile zur Chefsache erklärte. Ende vergangener Woche hat die US-Regierung einen Rettungsplan für in Schwierigkeiten geratene Kreditnehmer vorgestellt, der einen weiteren Einbruch auf dem US-Hypothekenmarkt verhindern soll. Das Programm sieht vor, daß Banken variable Zinssätze für Kreditnehmer mit geringer Bonität fünf Jahre lang einfrieren. Für viele dieser schlecht abgesicherten HausbesitzerInnen würde der Zins im kommenden Jahr sonst deutlich wachsen und so ihre finanziellen Möglichkeiten übersteigen. Die Folge wären Zwangsversteigerungen. Solche würden aber aufgrund der fallenden Immobilienpreise den Kreditgebern kaum helfen, ihre Ansprüche geltend zu machen. Bush sprach von bis zu 1,2 Millionen Kreditnehmern, die zur Teilnahme an dem Programm berechtigt sein könnten. Dies bedeutet zugleich, daß die US-Regierung einen großen Teil der in Not geratenen HausbesitzerInnen über die Klinge springen lassen wird.
Zugleich bedeutet dieser staatliche Eingriff das Eingeständnis, daß die sogenannten selbstheilenden Kräfte des Marktes zu derart weitgehenden sozialen Verwerfungen führen können, daß selbst die US-Regierung die daraus resultierenden Folgen als zu riskant für den Fortbestand des Kapitalismus erachtet. Für die US-Regierung stellt sich diese Entscheidung als zweischneidig dar, da ein solcher staatlicher Eingriff dazu führen kann, daß ausländische Investoren der US-Wirtschaft dringend benötigte Kredite verweigern.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
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