Banken-Krise gefährdet Preis-Stabilität
Anders als noch vor wenigen Wochen von den neoliberalen Berufs-OptimistInnen erwartet, hat die Europäische Zentralbank (EZB) ihren Leitzins beibehalten. Grund für den Verzicht auf die ursprünglich geplante Erhöhung ist die durch das Platzen der US-amerikanischen Immobilienblase ausgelöste internationale Banken-Krise. Der Schlüsselzins für die EZB-Kredite an Banken betrage weiterhin 4,0 Prozent, teilte die Zentralbank heute (Donnerstag) nach ihrer Ratssitzung in Frankfurt mit.
Während die Aufgabe der EZB bislang in der Öffentlichkeit als die einer "Währungshüterin" dargestellt wurde, wird nun offenkundig, daß es vorrangig darum geht, die europäischen - und darunter wiederum in erster Linie den besonders gefährdeten deutschen - Banken vor einem Zusammenbruch zu schützen. Es ist ein Spiel um Zeit in der Hoffnung, daß der Zusammenbruch anderer Banken über Konzentrationsprozesse und "Marktbereinigungen" genügend Gewinne in die Kassen spült, so daß die Ausfälle durch faule Immobilien-Kredite und damit unterlegte Papiere aufgefangen werden können. Bei international agierenden Banken hat sich mittlerweile ein Kredit-Stau von schätzungsweise über 300 Milliarden US-Dollar gebildet. Es handelt sich dabei um Kredite, die nicht wie bislang üblich in Form von Schuldverschreibungen an Investoren weitergereicht werden konnten. Der größte Kredit-Stau hat sich bei der US-Investmentbank JP Morgan mit 65 Milliarden US-Dollar angesammelt. Es folgen die Deutsche Bank mit 32 Milliarden und die Citigroup mit 25 Milliarden US-Dollar.
Die "Währungshüter der Eurozone" sind damit von ihrem ursprünglichen Plan abgerückt, die Leitzinsen wegen anhaltender Gefahren für die Preis-Stabilität weiter zu anzuheben. Am 2. August hatte EZB-Chef Trichet noch eine Zinserhöhung signalisiert und von "großer Wachsamkeit" wegen der Risiken gesprochen. Daß die unterlassene Zinsanhebung unmittelbar durch die Banken-Krise verursacht wurde, ist daran zu erkennen, daß Trichet erstmals vergangene Woche ein Abrücken vom ursprünglichen Plan andeutete: "Was ich am 2. August gesagt habe, war vor den Marktturbulenzen", sagte er.
Seitdem hat sich die vom Platzen der US-amerikanische Immobilienblase ausgelöste Krise zu einem weltweiten Problem ausgeweitet. Kurseinbrüche an den Börsen und milliardenschwere Verluste bei vielen Banken waren die Folge. Aus Mißtrauen darüber, welche Verluste bei der Konkurrenz aufgelaufen sein könnten, leihen sich die Banken untereinander kaum noch Geld. Betroffen ist hiervon selbst eine der größten internationalen Banken wie die britische Barclays Bank. Diese mußte sich laut 'Economist' am 29. August im Rahmen einer Notfall-Fazilität 1,6 Milliarden Pfund von der Bank of England leihen. Dies zwar nur für einen Tag und laut Barclays-Angaben aufgrund "technischer Probleme". Doch nachem nur drei Tage später Barclays-Präsident Bob Diamond bei der Notenbank anfragte, ob diese nicht noch mehr Geld zur Verfügung stellen könne, kam es zu einem weiteren heftigen Kurseinbruch der Barclays-Aktie.
Die EZB und andere Zentralbanken mußten Hunderte Milliarden ausspucken, um Liquiditäts-Engpässe zu verhindern. Die Marktzinsen stiegen so kräftig, als hätte die EZB den Leitzins bereits angehoben. Die EZB sah sich deshalb heute zudem genötigt, noch einmal 42 Milliarden Euro in den Geldmarkt zu pumpen. Am Mittwoch waren die Sätze für Tagesgeld auf den höchsten Stand seit fast sechs Jahren gestiegen.
Die Mehrheit der neoliberalen ExpertInnen erklärt nun, die EZB werde den Zinsschritt zu einem späteren Zeitpunkt nachholen. Die europäische Notenbank hatte den Leitzins seit Ende 2005 von 2 auf 4 Prozent verdoppelt, um den Preisauftrieb während des Aufschwungs in Schach zu halten. Die US-Notenbank Fed hatte wegen der gestiegenen Risiken für die Konjunktur eine Zinssenkung für September angedeutet.
REGENBOGEN NACHRICHTEN
Anmerkungen
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