19.09.2008

AKW-Unfall in China
drei Wochen verheimlicht

Technik von Siemens unfallträchtig

Am heutigen Freitag meldete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua einen drei Wochen zurückliegenden Transformator-Brand im Atomkraftwerk Tianwan im oatchinesischen Jiangsu. Die Behörde für "Nuklearsicherheit" habe den Unfall, der am 28. August durch einen Kurzschluß ausgelöst worden war, erst jetzt bestätigt. Das AKW Tianwan hatte China von Rußland gekauft; die Sicherheitsleittechnik wurde von Siemens geliefert.

Wie auch in Europa und den USA üblich, heißt es zunächst, es habe sich um einen "normalen Unfall" gehandelt, bei dem keine Radioaktivität austreten sei. Inzwischen wurde bekannt, daß Reaktor I des AKW Tianwan mit einer Schnellabschaltung heruntergefahren werden mußte.

Nach Angaben des österreichischen Nachrichtendienstes new.com dauerte es offenbar 5 Stunden, bis die brennenden Transformatoren des Kraftwerks gelöscht werden konnten. Auch die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti meldete den Vorfall. Eine Person soll verletzt worden sein.

Die Transformatoren stammen aus ukrainischer Fertigung. Block I des Atomkraftwerks vom neuen russischen Typ WWER-91 ging erst im Jahr 2006 ans Netz. Block 2 folgte im Jahr 2007. Mit einer elektrischen Leistung von zweimal 1060 Megawatt ist das AKW Tianwan das Größte in Chinas. Der Druckwasser-Reaktor wurde unter Beteiligung der deutschen Siemens AG in der chinesischen Sonderwirtschaftszone Lianyungang errichtet.

Siemens lieferte in Kooperation mit dem französischen Areva-Konzern die digitale Sicherheitsleittechnik TELEPERM XS. Nach Angaben von IPPNW (Internationale ÄrztInnen zur Verhütung des Atomkriegs) führte diese digitale Siemens-Leittechnik am 10. Mai 2000 im deutschen AKW Neckarwestheim I zu einer "gefährlichen Blockade eines Steuerstabes im Reaktorkern". Bei der Errichtung des neuen finnischen Atomkraftwerks Olkiluoto-3 habe man offenbar unter anderem wegen dieses Vorfalls darauf verzichtet, die Sicherheitsleittechnik ausschließlich auf das unausgereifte Siemens-System zu stützen, so IPPNW.

Der Transformator-Brand im AKW Tianwan I wird von IPPNW in eine Reihe mit dem Transformator-Brand am 28. Juni 2007 im deutschen AKW Krümmel gestellt.1 Bei diesem Unfall war es wegen der Schnellabschaltung und weiterer Komplikationen zu einem gefährlichen und rasanten Druck- und Füllstandsabfall im Reaktordruckbehälter gekommen. Weitere Parallelen sind im Beinahe-GAU des schwedischen AKW Forsmark am 26. Juli 2006 zu sehen, wo ebenfalls ein Kurzschluß außerhalb des Sicherheitsbereichs auftrat. Dieser hatte zu einer Schnellabschaltung und Überspannung geführt, sodaß die Notkühlung gefährlich lange versagte. Von IPPNW wird der Notstromfall am 8. Februar 2004 im AKW Biblis B genannt, der ebenfalls zeigte, welche Risiken mit der schlagartigen Trennung eines Atomkraftwerks vom Stromnetz verbunden sind. Der Notstromfall zählten in allen AKW-Risikostudien zu den so genannten auslösenden Ereignissen, die zur Kernschmelze führen können.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

1 Siehe hierzu:

      Brand im AKW Krümmel
      Reaktor heruntergefahren (28.06.07)

      AKW Krümmel knapp an GAU vorbei
      Schnellabschaltung infolge des Brands gefährdete Reaktor
      (3.07.07)

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