11.02.2008

IKB offenbart
weitere 2 Milliarden Euro
Deckungslücke

KfW-Bank kann Insolvenz allein nicht mehr aufhalten

Bei der Düsseldorfer Mittelstands- bank IKB tun sich immer größere Finanz-Löcher auf. Seit dem 1. Au- gust jagen die Hiobsbotschaften einander in immer dichterer Folge. Offenbar wurde inzwischen unum- gänglich, weitere unverkäufliche Wertpapiere realistischer und damit näher an Null in die Bilanzen aufzunehmen. So ergab sich nunmehr ein weiterer Abschreibungsbedarf von rund zwei Milliarden Euro wie die FAZ gestern (Sonntagsausgabe) berichtete. Die Summe der Löcher erreicht damit US-amerikanische Verhältnisse: rund 11,5 Milliarden Euro. Der Präsident der Finanzaufsicht BaFin, Jochen Sanio, habe in einer Telefonkonferenz Ende der vergangenen Woche mit der Schließung des Instituts gedroht, schreibt das 'Handelsblatt'.

Hauptaktionär ist die KfW, die staatseigene Förderbank namens Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Anfang August einspringen und am 27. November ihr Engagement auf nahezu 5 Milliarden Euro verdoppeln mußte. Bereits zu diesem Zeitpunkt war bekannt, daß die KfW hart am Limit des ursprünglich mit 5,3 Milliarden Euro ausgestatteten Haushaltstitels für Bankenkrisen angelangt war und Finanzminister Steinbrück somit lediglich ein restlicher Spielraum von einer halben Milliarde Euro verblieb.

Nun ist bereits die Rede davon, daß die KfW eine Kapitalerhöhung aus Bundesmitteln erhalten oder Teile ihres Eigenkapitals einsetzen könne. Angeblich arbeitet das Bundesfinanzministerium derzeit an einer Lösung, die den Bundeshaushalt dauerhaft nicht belasten soll, berichtet das 'Handelsblatt'. Dies käme allerdings einer Quadratur des Kreises gleich. Klar dürfte zudem sein, daß es bei einer für die IKB positiven Entscheidung der Bundesregierung nicht bei 500 Millionen und auch nicht bei zwei Milliarden bleiben wird.

Für die "schwarz-rote" Bundesregierung müßte das abschreckende Beispiel Großbritanniens eine Lehre sein. Die Regierung unter Blair-Nachfolger Gordon Brown übernahm eine Absicherung der in Schieflage geratenen Bank Northern Rock und lud sich so insgesamt 73 Milliarden Euro Schulden auf. Es dürfte noch spannend werden, zu beobachten ob die deutsche Finanzwelt ihre Regierung ähnlich fest im Griff hat wie die britische.

Der IKB fehlen rund 500 Millionen Euro kurzfristig. Andere Anteilseigner der IKB wie die Stiftung Industrieforschung, mit einem Anteil von 11,8 Prozent zweitgrößer Aktionär, winken ab. "Wir haben keinen Spielraum", sagte Vorstand Wolfgang Lerch. Als Konsequent wird mittlerweile selbst eine Insolvenz der IKB ins Auge gefaßt. AnlegerInnen flüchteten heute (Montag) aus der Aktie: Der Kurs brach um 21,8 Prozent auf 4,94 Euro ein. Seit August 2007 hat das Papier damit mehr als 80 Prozent an Wert verloren.

Die KfW versuchte seit Monaten die IKB wie sauer Bier loszuschlagen. Doch auch die beauftragte US-Investmentbank Merrill Lynch fand keinen Käufer. Seit einer Woche nun verhandelt die KfW panikartig mit den privaten Banken und der Politik über eine Rettung der IKB. Eine erneute Auffangaktion wäre die dritte: Im August waren der IKB auch die Privatbanken, die Sparkassen und die Genossenschaftsbanken zur Seite gesprungen. Die beiden Letzteren sind nach Informationen aus Finanzkreisen in die aktuellen Gespräche allerdings nicht eingebunden. Die Rettungspakete erforderten schon jetzt insgesamt 6,15 Milliarden Euro. Daß es dabei nicht allein um die IKB ging, zeigt ein Blick in die Vergangenheit, da die IKB dereinst lediglich mit rund 3 Milliarden Euro an der Börse bewertet war.

Die privaten Banken, die sich bislang gemeinsam mit nur knapp einer Milliarde Euro an der IKB-Rettung beteiligen, wollen nicht noch mehr gutes Geld dem schlechten hinterherwerfen. Allerdings muß bei einer Insolvenz ihr Einlagensicherungsfonds bluten und dies könnte die Banken zusammen mit dem Image-Schaden für den "Finanzplatz Deutschland" unterm Strich mehr kosten. "Eine Insolvenz der IKB wäre für alle Beteiligten am Ende teurer als die Beteiligung an einer Rettungsaktion", zitiert die 'Süddeutsche Zeitung' aus Regierungskreisen.

Problematisch für einige Banken könnten im Pleitefall auch die Milliardenverbindlichkeiten der IKB werden. Die Schulden bei anderen Kreditinstituten betrugen Ende März 2007 fast 14 Milliarden Euro. Die verbrieften Verbindlichkeiten, die maßgeblich von Banken und Investmentmanagern gezeichnet worden sein dürften, lagen bei 28 Milliarden Euro.

So gerät nun die "schwarz-rote" Koalition immer mehr unter Druck. Weder Finanzminister Peer Steinbrück noch Wirtschaftsminister Michael Glos, der Steinbrück kürzlich an der Spitze des KfW-Verwaltungsrats ablöste, haben ein Interesse an weiteren schlechten Nachrichten. Der Zusicherung des Steinbrücks, der Steuerzahler werde von der IKB-Krise nicht belastet, wird in den Koalitionsfraktionen kaum noch Glauben geschenkt: Indirekte Steuerausfälle in Milliardenhöhe sind zu erwarten. Eine Entscheidung über die Zukunft der IKB wird vermutlich am Mittwoch auf der Sitzung des Verwaltungsrats fallen. "Nach dem Scheitern der Gespräche vom Wochenende ist die Zukunft der IKB ungewisser denn je", zitiert der 'spiegel' einen Aktien-Händler.

Die in den letzten Wochen - angeblich wegen unerlaubter Fehlspekulationen eines Mitarbeiters - in Bedrängnis geratene französische Großbank Société Générale will ihr Eigenkapital um 5,5 Milliarden Euro erhöhen. Die Kapitalerhöhung wird mit einem deutlichen Kursabschlag angeboten. Bisherige Aktionäre sollen ein Vorzugsrecht erhalten. Ob weitere Institute im Sog der Banken-Krise und der zuletzt niedrigeren Bonitätsbewertungen ihrer Anlagen zu einem solchen Schritt gezwungen werden, ist derzeit beliebtester Gegenstand von Spekulationen am Markt.

Auch die Bredouille mit der WestLB köchelt weiter vor sich hin. Allein, wer die 5 Milliarden Euro teure Sanierung der WestLB zahlen wird, ist bereits heute klar: die SteuerzahlerInnen. Nach dem jetzt vorliegenden "Rettungsplan" soll in einem ersten Schritt eine Milliarde Euro als Kapitalerhöhung in die Bank fließen. Eine weitere Milliarde soll der Abschirmung von Risiken dienen. Diese insgesamt 2 Milliarden Euro bringen alle Aktionäre - das Land NRW (38 Prozent), die Sparkassen (50,2) und die Landschaftsverbände (11,8) - gemeinsam entsprechend ihrer Eigentumsquoten auf. Für die übrigen 3 Milliarden Euro bürgt das Land NRW mit Garantien allein. 380 Millionen Euro wird NRW sofort in die Bank einspeisen.

Woher das Land weitere 380 Millionen Euro nehmen wird, ist noch unklar. Die Sparkassen in NRW leeren für die Sanierung der WestLB ihren erst 2004 aufgelegten Reservefonds vollständig. Im Gegenzug müssen sie den Fonds mit einer Milliarde Euro wieder füllen. Für große Sparkasse in Nordrhein-Westfalen bedeutet dies eine Zahlung von rund 20 Millionen Euro. Die Kosten für den Stützungsfonds belasten die Gewinne der Sparkassen. Deshalb werden die Sparkassen, oft größter kommunaler Steuerzahler, weniger Gewerbesteuer zahlen. Der Bund der Steuerzahler hat bereits darauf hingewiesen, daß pro EinwohnerIn des Landes NRW somit indirekt ein "Notopfer WestLB" von rund 40 Euro zukommt.

Wäre die Rettung der WestLB durch die Eigentümer ausgeblieben, hätte der "Stützungsfall" formell ausgerufen worden müssen. Dann hätten die AktionärInnen über Verluste der Bank hinaus noch für Verbindlichkeiten von 48 Milliarden Euro aus der Zeit der Gewährträgerhaftung bürgen müssen.

 

REGENBOGEN NACHRICHTEN

 

Anmerkungen

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